Dienstag, 27. März 2012

Der Versuch einer Begriffsklärung


Die Begriffe Exklusion, Segregation, Integration und Inklusion beschreiben die konzeptionelle Entwicklung des Bildungssystems in Deutschland. Diese ist allerdings nicht chronologisch zu sehen, da „ältere“ Formen, wie die der Exklusion, auch heute noch im Bildungssystem zu finden sind.
Nachfolgend werden mögliche, idealtypische Definitionen der Begrifflichkeiten skizziert und in der Abbildung veranschaulicht.

Exklusion (lateinisch „exclusio“ für ‚Ausschluss‘): Schüler werden den Ansprüchen der Regelschulen nicht gerecht, ob aus sozialer oder kognitiver Hinsicht, und verlassen deshalb die jeweilige Schule und das System der Schule generell. In Brandenburg werden „schwierige“ Schüler in Einzelfällen von Förderschulen in Heime überwiesen, die „Beschulung“ anbieten, die aber rechtlich nicht relevant ist und nicht beurkundet wird. Bei einem längeren Aufenthalt, oft bis zur Volljährigkeit, kehren die Kinder nicht in das Regelschulsystem oder an ihre Förderschule zurück und erlangen keinen Abschluss. In der Konsequenz wird diesen Schülern die Möglichkeit, wie auch das Recht, an Bildung teilzunehmen verwehrt (Sander 2004).
Segregation (lateinisch „segregatio" für ‚Absonderung‘, ‚Trennung‘): Schüler mit Sonderpädagogischem Förderbedarf werden mit Hilfe bestimmter Feststellungsverfahren an Förderschulen überwiesen. Diese Förderschulen stellen ein eigenes System dar und grenzen sich dadurch deutlich von der Regelschule ab. An welche Förderschule die Kinder überwiesen werden, hängt davon ab, nach welchen Kriterien ein Förderbedarf diagnostiziert wird. Grund dafür ist die Vermutung, dass Kinder in harmonischen und homogenen Gruppen besser lernen können. Für jede „Eigenart“ und Kompetenzstufe gibt es eine eigene Institution an die überwiesen werden kann. D.h. Schüler die curriculare Vorlagen erfüllen nehmen an der Regelschule teil, Schüler die der Regelschule nicht gerecht werden, werden in Förderschwerpunkten separiert (Hinz 2004: 48).
Integration (lateinisch „integratio“ für ‚Wiederherstellung eines Ganzen‘): Diese Art von Beschulung setzt eine vorherige Segregation voraus. Sie lässt Schüler, die diagnostiziert „anders“ sind, zum gemeinsamen Unterricht mit „normalen“ Schülern zu und unterstützt diese speziell mit den für sie zur Verfügung gestellten Ressourcen (z.B. Personal, Finanzen). In diesem Zusammenhang wird der Förderbedarf des Schülers dokumentiert und auf dem Zeugnis protokolliert, um Unterschiede in der Benotung zu rechtfertigen. Kategorisierung  besteht in dieser Art der Beschulung weiterhin, um dem Einzelnen seine zugewiesene Förderung zukommen lassen zu können. Demnach muss es auch solche geben, die entsprechend ihrer Voraussetzungen nicht integriert werden können (Seitz 2003).
Inklusion (lateinisch „inclusio“ für ‚Einschließung‘): Bei inklusivem Unterricht wird Heterogenität vorausgesetzt und davon ausgegangen, dass jeder Schüler individuelle Stärken und Schwächen hat, weshalb für jeden Einzelnen dieselben Fördermöglichkeiten zur Verfügung stehen sollten. Heterogenität als Normalität zu akzeptieren und wertzuschätzen ist die Leitidee der inklusiven Schule. Eine Aussonderung oder Kategorisierung, egal zu welchem Zeitpunkt, findet nicht statt.  Im Gegenteil soll die Heterogenität der Schüler als Basis für den Unterricht genutzt werden. Eine Rücküberweisung in Richtung Förderschule ist nicht möglich und eine beurkundete Dokumentation des Förderbedarfs findet nicht statt. So kann sich das Phänomen der Etikettierung nicht einschleichen. Optimistische Vorstellungen von Inklusion streben Vielfalt als Normalfall an, wobei Inklusion keiner Benennung bedarf, sondern selbstverständlich geworden ist (Preuss-Lausitz 2011).


Abbildung Begriffsdarstellung: Exklusion, Segregation, Integration, Inklusion

1 Kommentar:

  1. Guten Abend, wie ich finde ein guter Ansatz - könnte ich die Literaturangaben haben?

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